So wirklich beginnt Thomas' Geschichte erst, als seine Mutter ihren neunjährigen Sohn nahm und von Seamair in ihre Heimat Schalingen zurückkehrte. Dort besuchte Thomas auch zum ersten Mal eine Schule und begann, soziale Kontakte zu knüpfen. Jahrelang hatten er und seine Mutter unter der Herrschaft seines Vaters zu leiden, der seiner Familie alles vorschrieb. So kam es für ihn damals auch nicht in Frage, die Erziehung seines einzigen Sohnes aus der Hand zu geben und unterrichtete Thomas ausschließlich zuhause, um zu verhindern, dass jemand "seine Gedanken vergiftete". In gewisser Weise war dieses Unternehmen erfolgreich - manche kontroversen Meinungen vertritt Thomas nach wie vor und in politischen Angelegenheiten ist er ausgesprochen konservativ (wenn er sich denn für irgendetwas interessiert), andererseits begann er auch irgendwann, gegen das Gedankengut seines Vaters zu rebellieren und möglichst andere Wege einzuschlagen. Die ersten Zeit in einer richtigen Schule war für Thomas allerdings kein Kinderspiel. Sein bisheriges Leben hatte er fast ausschließlich unter Erwachsenen verbracht und auch sein Unterricht hatte gänzlich anders ausgesehen. Vielleicht wäre er letztendlich auf die schiefe Bahn geraten, hätte er nicht im folgenden Jahr die Wiener-Zwillinge kennen gelernt. Christian und Marcel waren nun "die Neuen" und durch Christians soziale und offene Art verbrüderten sie sich bald mit Thomas.



Auf einmal musste er nicht mehr seine Nachmittage zuhause verbringen. Stattdessen konnte er täglich mit seinen neuen Freunden zum Stall, wo die Zwillinge sich um ihre Ponys kümmerten. Und es dauerte nicht lange, bis Thomas selbst Interesse am Reitsport fand und sich abwechselnd eines der Reitponys oder ein Schulpferd aus dem Stall ausleihen konnte. Die dort ansässigen Reitschülerinnen waren natürlich begeistert - ganz besonders als die drei Jungen zunehmend älter und jugendlicher wurden. Nach und nach zeigte sich aber auch, wie unterschiedlich die Freunde eigentlich waren und Thomas wurde vom Kleber für ihre Freundschaft schließlich zu einem Keil zwischen den Brüdern. Neben diversen, sehr konservativen Anwandlungen entwickelte er sich auch zu einem Frauenhelden, was dem ruhigen, vernünftigen Christian nicht gefallen wollte. Und noch weniger gefiel ihm, dass Marcel sich nach Kräften bemühte, Thomas nachzueifern. Die meiste Zeit bekam er nur jene Mädchen, die sein Freund abgelegt hatte, aber nach und nach gelang es ihm selbst, mehr Eindruck zu schinden. Als die Reitschule von einem neuen Trainer übernommen wurde und dieser von den Jungen verlangte, ihr Talent auf dem Turnierplatz unter Beweis zu stellen, anstatt nur im Reiterstübchen damit zu prahlen, kam es zu einem Bruch zwischen den Freunden. Thomas sah sich selbst als der beste Reiter, musste jedoch auf Schulpferden starten, da seine allein erziehende Mutter sich schon den Reitunterricht kaum leisten konnte - geschweige denn ein eigenes Pferd. Marcel war davon überzeugt, endlich aus dem Schatten seines Freundes treten zu können und musste gelegentlich von seinem Trainer gebremst werden, damit er sein - außerordentlich talentiertes - Pony nicht überforderte. Und Christian war letztendlich unglücklich mit der ganzen Situation, weil er befürchtete, dass das Konkurrenzdenken auf Kosten der Pferde gehen würde. Schließlich brach Marcel die Schule ab, um eine Ausbildung zum Bereiter zu machen. Christian und Thomas besuchten weiterhin die Schule, letzterer jedoch ausschließlich auf Wunsch seiner Mutter, zu der er stets ein enges Verhältnis pflegte. Als er sein Abitur erst im zweiten Anlauf geschafft hatte, hinkte er seinen ehemaligen besten Freunden hinterher - Marcel arbeitete bereits als Dressurbereiter und Christian hatte nun ebenfalls eine ähnliche Ausbildung angetreten. Die Ponys der beiden waren nach den letzten Wachstumsschüben verkauft worden und letztendlich blieb Thomas alleine im alten Stall zurück und wusste nicht, was er aus seinem Leben machen sollte.



Er half im Reitstall aus, um sich ein wenig Geld zu verdienen - eine Ausbildung zum Bereiter wurde dort jedoch nicht angeboten. Das Schicksal schlug aber schließlich zu, als sich der Reitlehrer bei dem Versuch, ein junges Pferd eines Einstellers einzureiten, zwei Rippen brach. Thomas war als Augenzeuge vor Ort, rief die Rettung und versorgte das Pferd. Und schließlich übernahm er fast die gesamte Arbeit im Stall, bis Rebecca kam. Rebecca war die uneheliche Tochter des Trainers, die von ihrem Vater mit dem Pferdevirus infiziert worden war - und sie war nur ein Jahr älter als Thomas selbst. Rebecca quartierte sich bei ihrem Vater ein, nachdem sie von dessen Unfall gehört hatte und begann geschickt, die Hofleitung wieder in geordnete Bahnen zu lenken. Und nicht zuletzt war sie die erste Reiterin, die sich Thomas' Avancen ausgesprochen hartnäckig widersetzte. Es kam eins zum Anderen und als Rebeccas Vater genesen war, war aus den Jugendlichen ein sich ewig zankendes, doch durchaus glückliches Paar geworden. Thomas kostete es ein wenig Überwindung, seine Mutter alleine zurückzulassen, die nie so richtig in Schalingen angekommen war, doch schließlich zog er mit seiner Freundin in die Nähe von Dambach, um seine Ausbildung im selben Stall zu beginnen wie sie. Obwohl er von den meisten Einstellern als "Schulpferdereiter" belächelt wurde, ließ er sich nicht unterkriegen und konnte letztendlich auch bereits ansehnliche Erfolge vorweisen: Nicht zuletzt den Beritt jenes Jungpferdes, das seinen Trainer abgeworfen hatte. Lediglich mit dem Vielseitigkeitssport hatte er keine Erfahrung und war jetzt in eine Umgebung geworfen, die sich genau darauf spezialisierte. Aber Thomas erwies sich als ausgesprochen lernfähig und konnte nach einem Jahr bereits Erfolge in Vielseitigkeiten der Klasse A vorweisen. Im zweiten hatte er sich noch weiter verbessert - und dazu kam ein weiteres Lebensereignis: Rebecca nahm seinen Heiratsantrag an. Die Hochzeit fand im darauf folgenden Sommer statt und war ein einziges Desaster. Rebecca hatte wie Thomas auf ein großes Fest mit sämtlichen Verwandten bestanden und das Brautpaar flüchtete schließlich, als die zerstrittenen Zweige der einzelnen Familien begannen, sich offen zu bekriegen. Zwei Jahre später - ein Jahr nach dem Ende von Thomas' Ausbildung - wurde die Ehe auch schon wieder geschieden, nachdem aus den liebevollen Zankereien brutale Wortgefechte geworden waren und Rebecca ihrem Mann seine "Ausrutscher" nicht mehr verzeihen konnte.



Obwohl er nach dem Ende der Ausbildung übernommen worden war, musste er sich jetzt eine neue Stelle suchen, um nicht ständig mit seiner Ex-Frau konfrontiert zu sein. Nach einem Jahr, in dem er mal hier, mal da zur Probe gearbeitet hatte, landete er schließlich in Ehrfurcht, wo man angesichts der stetig wachsenden Vielseitigkeitssparte den 25-jährigen mit offenen Armen aufnahm. Nur das mit der Distanz zur Ex wollte nicht so ganz klappen. Einerseits war es von Ehrfurcht nach Dambach nicht wirklich weit und die beiden Ställe verfügten über die besten Turniergelände der Gegend - andererseits war die Vielseitigkeitsszene Veslands insgesamt nicht so groß, als dass man sich als Turnierreiter aus dem Weg gehen konnte. Und so geschah es, dass Thomas trotz kürzerer Affären immer wieder "Ausrutscher" mit seiner eigenen Ex-Frau hatte. Gemäß nach dem Motto, das seine Freunde seiner Ehe verpasst hatten: "Was sich liebt, das hasst sich." Allerdings blieb Thomas' Karriere lange nicht auf seine gescheiterte Beziehung beschränkt. In Ehrfurcht konnte er sich mit verschiedensten Pferden beweisen - auch wenn er auf den Haflingern und Reitponys mit seiner Größe etwas merkwürdig ausgesehen haben dürfte - und erritt sich durchaus einen Namen in der Turnierszene. Die Harmonie geriet jedoch mit der Ankunft von Paula und Gregor Grünwald bedeutend ins Wanken. Das Geschwisterpaar hatte im Pferdesportpark eine Reitschule eröffnet und vor allem Gregor geriet mit Thomas immer wieder aneinander. Schließlich beschloss Thomas eigenhändig, sich eine neue - "bessere", wie er selbst sagt - Stelle zu suchen, auch wenn die Wahrscheinlichkeit, dass es dort zu keinen Auseinandersetzungen kommt, angesichts seines Charakters eher gering ist. Thomas ist eben ein etwas schwieriger Fall. Durch die konservative Erziehung gepaart mit einem starken Willen und dem Drang sich zu beweisen, gerät er schnell mit anderen aneinander, die ebenso wenig nachgiebig sind wie er selbst. Zudem sieht er Frauen nur als ein weiteres Hindernis, das überwunden werden muss, um nach erfolgreicher Absolvierung keinen Blick mehr zurück zu werfen. Allerdings muss man ihm auch auf jeden Fall lassen, dass er sich für seine Eroberungen jene Damen aussucht, die eine ähnliche Einstellung vertreten - so anstrengend und nervenaufreibend Thomas auch sein kann, er ist ein ehrlicher Mensch, der keine falschen Versprechungen macht.



Gelegentlich ist er etwas unzuverlässig, was damit zusammen hängt, dass er sich gerne überschätzt. Er nimmt sich viel vor und es ist keine Seltenheit, dass er Teile davon nicht macht oder sich so in die Arbeit vertieft, dass er alles andere vergisst. Auf seine Pünktlichkeit sollte man sich jedenfalls nie verlassen und bei jedem zweiten Turnier reitet er kurz vor Ablauf der Zeit ein, weil sein eigenes Zeitmanagement mit katastrophal noch nicht ausreichend beschrieben wäre. Herausforderungen scheut er in keiner Weise - seien es nun sportliche oder emotionale. Dabei sucht er sich für seinen Freundeskreis häufig ähnliche Charaktere wie er selbst - jene Hitzköpfe, die vor Auseinandersetzungen nicht zurückschrecken. Da kommt es auch häufiger zu Wortgefechten oder freundschaftlichen Rangeleien, bei denen einer mal ein blaues Auge oder eine aufgeplatzte Lippe davonträgt. Unter Freunden nimmt man sich derlei jedoch nicht übel und Thomas würde auch nie handgreiflich werden, wenn es nicht im beiderseitigen Einvernehmen ist. "So etwas machen Männer halt" ist seine Ansicht und jene Männer, die diese Meinung nicht teilen, gehören meist auch nicht zu seinem engsten Freundeskreis. Durch seine Erziehung hat er einen gewissen Mangel an Akzeptanz, was Andersartigkeit betrifft und obwohl er es nicht böse meint, kann seine Ignoranz auf andere durchaus verletzend wirken. Sich zu entschuldigen ist dann immer die Herausforderung, vor der Thomas sich am liebsten drücken würde. Er würde auch nie verlangen, dass andere sich bei ihm entschuldigen - ist er wütend, sucht er ein, zwei Stunden bis wenige Tage die Funkstille und verhält sich dann, als wäre nie etwas gewesen. Lediglich mit seinen besten Kumpels kann er Angelegenheiten von Anfang bis Ende ausdiskutieren und dann auch zu einer Lösung kommen, die in der Regel alle Parteien halbwegs zufrieden stellt. Im Turniersport ist Thomas seiner Meinung nach immer vorne dabei - Niederlagen werden ganz einfach unter den Teppich gekehrt. Zwar ist er kein besonders guter Verlierer und Gratulationen für Sieger fallen meist etwas gekünstelt aus, dafür ist er nach Jahren der Erfahrung ein sehr guter Gewinner, der höchstens dann in Prahlerei verfällt, wenn es darum geht, seine Freunde spielerisch aufzuziehen. Solange er selbst Erfolge verbucht, kann er die Leistungen anderer auch durchaus wertschätzen. Zieht er den Kürzeren, vertieft er sich kurzzeitig besonders stark ins Training, kommt dadurch aber auch schnell über Niederlagen hinweg.

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